Der besondere Kündigungsschutz
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Der besondere Kündigungs-Schutz
Menschen mit einer Schwer-Behinderung haben besondere Rechte.
Die Menschen sollen nicht benachteiligt werden.
Menschen mit einer Schwer-Behinderung
haben einen besonderen Kündigungs-Schutz.
Sie dürfen nicht ohne Grund
von ihrem Arbeits-Geber gekündigt werden.
Der Kündigungs-Grund darf nichts mit der Behinderung zu tun haben.
Sonst gilt die Kündigung nicht.
Der besondere Kündigungs-Schutz gilt auch für:
- Menschen mit einer Gleich-Stellung
- Auszubildende
- Und für leitende Angestellte
Wenn der Arbeit-Geber diesen Menschen kündigen will,
muss er dies vorher dem Integrations-Amt mit-teilen.
Das Integrations-Amt muss der Kündigung zustimmen.
Der besondere Kündigungs-Schutz gilt erst nach 6 Monaten.
Hier werden Schwere Wörter erklärt:
Gleich-Stellung
Menschen mit einer Schwer-Behinderung
haben einen Grad der Behinderung von 50 und mehr.
Sie haben einen Schwer-Behinderten-Ausweis.
Sie können Hilfen zur Teilhabe am Arbeits-Leben bekommen.
Auch Menschen mit einem Grad der Behinderung von 30 und 40
finden wegen ihrer Behinderung häufig keinen Arbeits-Platz.
Dann können sie bei der Agentur für Arbeit einen Antrag stellen.
In dem Antrag steht:
Sie möchten den Menschen mit Schwer-Behinderung gleich-gestellt werden.
Das bedeutet:
Sie können die gleichen Hilfen bekommen
wie Menschen mit einer Schwer-Behinderung.
So steht es im Sozial-Gesetz-Buch 9.
Integrations-Amt
In manchen Bundes-Ländern heißt das Integrations-Amt:
Inklusions-Amt
Zum Beispiel:
- In Nordrhein-Westfalen
- Und in Bayern
Beim Integrations-Amt arbeiten viele Fach-Leute.
Sie wissen zum Beispiel viele Sachen
über das Thema: Behinderung.
Und sie unterstützen Menschen mit Schwer-Behinderung.
Zum Beispiel:
- bei der Suche nach einer Arbeits- oder Ausbildungs-Stelle.
- bei Problemen am Arbeits-Platz
- Oder es sorgt dafür, dass Menschen wegen ihrer Behinderung die Arbeits-Stelle nicht verlieren.
Das Integrations-Amt hilft auch Arbeit-Gebern:
Bei den Fragen zu Arbeits-Plätzen für Menschen mit Schwer-Behinderung.
Zum Beispiel:
- Welche Hilfs-Mittel es für die Arbeit gibt.
- Wie ein Arbeits-Platz umgebaut werden kann.
Arbeit-Geber können auch Geld vom Integrations-Amt bekommen:
Wenn sie Menschen mit Schwer-Behinderung ausbilden oder beschäftigen.
Beschäftigte mit einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung unterliegen einem besonderen Kündigungsschutz, der sie vor behinderungsbedingten Nachteilen auf dem Arbeitsmarkt schützen soll. Entgegen einiger Annahmen sind sie jedoch nicht unkündbar.
Was finden Sie auf dieser Seite?
- Was zeichnet den besonderen Kündigungsschutz aus?
- Wie wird die Zustimmung vom Integrations-/Inklusionsamt eingeholt?
- Wann erteilt das Integrations-/Inklusionsamt seine Zustimmung?
- Was geschieht, wenn das Unternehmen nichts von der Schwerbehinderung oder Gleichstellung weiß?
- Wann ist die Kündigung zustimmungsfrei?
- Gilt der besondere Kündigungsschutz bei allen Kündigungsarten? Welche Fristen gelten?
- Ist eine krankheits- oder behinderungsbedingte Kündigung möglich?
- Präventive Maßnahmen
Der besondere Kündigungsschutz gilt für schwerbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 und ihnen gleichgestellten Menschen mit einer Behinderung von 30 oder 40 GdB. Er gilt auch für leitende Angestellte und Auszubildende und ist unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten.
Was zeichnet den besonderen Kündigungsschutz aus?
Besteht ein Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate, müssen Unternehmen bei einer Kündigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen den Betriebsrat/Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung (SBV) informieren sowie die Zustimmung des Integrations-/Inklusionsamtes einholen.
Das Integrations-/Inklusionsamt ist dazu verpflichtet, zwischen den Interessen des Unternehmens und der beziehungsweise des Beschäftigten zu vermitteln und sorgfältig abzuwägen, bevor es entscheidet. Es führt eine umfassende Sachverhaltsklärung und Beratung durch, die insbesondere die behinderungsspezifischen Aspekte miteinbezieht. Es holt Stellungnahmen der beziehungsweise des betroffenen Beschäftigten, einer beziehungsweise eines leitenden Angestellten, des Betriebsrates/Personalrates und der SBV ein.
Ziel des besonderen Kündigungsschutzes ist es, alle Möglichkeiten zu prüfen, um das Arbeitsverhältnis zu erhalten und die behinderungsbedingten Schwierigkeiten zu beheben.
Eine ohne Zustimmung des Integrations-/Inklusionsamtes erklärte Kündigung ist unwirksam. Die Zustimmung kann nicht im Nachhinein eingeholt werden.
Wie wird die Zustimmung vom Integrations-/Inklusionsamt eingeholt?
Arbeitgeberinnen beziehungsweise Arbeitgeber müssen vor Ausspruch einer Kündigung bei dem zuständigen Integrations-/Inklusionsamt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung stellen. Die zuständigen Ämter bieten in der Regel die Anträge auf Zustimmung zur Kündigung online im Internet an. Wird der Antrag per E-Mail versandt, muss die Person der beziehungsweise des Erklärenden ausdrücklich genannt werden. Außerdem muss die E-Mail verschlüsselt sein.
Zudem muss der Antrag eine Begründung enthalten. Der Kündigungsgrund stellt eine wichtige Grundlage für die Entscheidung des Integrations-/Inklusionsamtes dar. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und der Behinderung besteht. Ist dies der Fall, ist eine Kündigung nicht zulässig. Es handelt sich nicht um eine zweite Kontrolle der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung.
Das Integrations-/Inklusionsamt kann dem Unternehmen die Entscheidung zunächst mündlich oder telefonisch mitteilen.
Wann erteilt das Integrations-/Inklusionsamt seine Zustimmung?
Die Zustimmung zur Kündigung wird in der Regel dann erteilt, wenn die Kündigung nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Dies bedeutet, dass der Handlungsspielraum des Integrations-/Inklusionsamtes bei betriebsbedingten oder verhaltensbedingten Kündigungsgründen beschränkt ist. Hier wird die Zustimmung zur Kündigung meist erteilt.
Falls es bei der Beurteilung des Sachverhaltes nötig ist, können auch weitere Fachleute eingeschaltet werden. Dies können zum Beispiel der Technische Beratungsdienst des Integrations-/Inklusionsamtes, Arbeits- oder Fachärztinnen beziehungsweise -ärzte, das Gesundheitsamt oder ein Integrationsfachdienst sein.
Neben dem Kündigungsgrund berücksichtigt das Integrations-/Inklusionsamt auch die Erfüllung der Beschäftigungspflicht. Das heißt, es wird geschaut, wieviele Beschäftigte mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung im Unternehmen arbeiten. Die wirtschaftliche Situation des Unternehmens wird genauso berücksichtigt, wie die Schwere der Behinderung der oder des Beschäftigten, das Alter, die Betriebszugehörigkeit und die generellen Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Geprüft wird auch, ob das Unternehmen Schritte unternommen hat, um die Kündigung abzuwenden. Hier wird vermehrt darauf geachtet, ob präventive Maßnahmen zur Gesundheitsförderung durchführt wurden. Hierzu zählt auch das Betriebliche Eingliederungsmanagement.
Was geschieht, wenn das Unternehmen nichts von der Schwerbehinderung oder Gleichstellung weiß?
Wenn das Unternehmen einer beziehungsweise einem Beschäftigten kündigt, ohne von der Schwerbehinderung oder Gleichstellung zu wissen, gilt der besondere Kündigungsschutz dennoch. Die Zustimmung des Integrations-/Inklusionsamtes zur Kündigung ist notwendig.
Beschäftigte sind grundsätzlich nicht verpflichtet, über die Schwerbehinderung zu informieren. Zum Zeitpunkt der Kündigung kann der Sonderkündigungsschutz jedoch geltend gemacht werden. Die Arbeitgeberin beziehungsweise der Arbeitgeber muss innerhalb einer Frist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung über die Schwerbehinderung informiert werden, sonst geht der besondere Kündigungsschutz verloren.
Wann ist die Kündigung zustimmungsfrei?
Zustimmungsfrei ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
- bei einer Kündigung vonseiten der oder des Beschäftigten
- bei einem einvernehmlichen Aufhebungsvertrag
- bei Ablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses (Grundlage ist hier das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), vergleiche § 15 TzBfG)
- wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht (Aber: sollte die Ausübung der Tätigkeit wegen der Behinderung nicht mehr möglich sein, müssen Unternehmen zunächst prüfen, ob eine anderweitige Beschäftigung möglich ist)
- wenn der Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung oder Gleichstellung der oder des Beschäftigten abgelehnt wurde, auch während eines möglichen Widerspruchs- und Klageverfahrens gegen den negativen Bescheid
- bei Beschäftigten, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und Ansprüche auf Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistungen haben
- bei witterungsbedingter Kündigung (zum Beispiel bei kurzweiligem Aussetzen der Arbeit bei Schlechtwetter auf der Baustelle), wenn die Wiedereinstellung gewährleistet ist
Gilt der besondere Kündigungsschutz bei allen Kündigungsarten? Welche Fristen gelten?
Ja, der besondere Kündigungsschutz gilt bei allen Kündigungsarten. Auch die Kündigungsgründe (verhaltensbedingte, betriebsbedingte, personenbedingte Kündigung) haben hierauf keinen Einfluss.
Die Einschaltung des Integrations-/Inklusionsamtes ist notwendig bei:
- einer ordentlichen Kündigung
- einer außerordentlichen Kündigung
- einer Änderungskündigung (für Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten)
- dem Eintritt einer teilweisen Erwerbsminderung
- einer Erwerbsminderung auf Zeit
- einer Berufsunfähigkeit
- einer Erwerbsunfähigkeit auf Zeit
Ordentliche Kündigung
Hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung gestellt, soll das Integrations-/Inklusionsamt innerhalb eines Monats eine Entscheidung treffen. Wenn das Integrations-/Inklusionsamt die Zustimmung wirksam erteilt hat, kann die Arbeitgeberin beziehungsweise der Arbeitgeber die Kündigung innerhalb eines Monats nach Zustellung erklären.
Außerordentliche Kündigung
Das Integrations-/Inklusionsamt muss die Entscheidung über die Zustimmung innerhalb von zwei Wochen ab dem Tage des Antragseinganges treffen. Wird innerhalb dieser Frist keine Entscheidung getroffen oder diese der Arbeitgeberin beziehungsweise dem Arbeitgeber nicht bekannt gegeben, gilt die Zustimmung als erteilt (fingierte Zustimmung). Eine schriftliche Zusendung der Entscheidung ist bei der außerordentlichen Kündigung zunächst nicht notwendig.
Ist die Zustimmung erteilt oder fingiert, muss die Arbeitgeberin beziehungsweise der Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen die außerordentliche Kündigung gegenüber der beziehungsweise dem Beschäftigten aussprechen. Allerdings muss zusätzlich noch der Betriebsrat/Personalrat sowie die Schwerbehindertenvertretung angehört werden. Diese Anhörung sollte schon vor dem Antrag auf Zustimmung erfolgen.
Änderungskündigung
Wenn Arbeitgeberinnen beziehungsweise Arbeitgeber schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten kündigen wollen, ihnen jedoch eine Weiterbeschäftigung zu anderen Bedingungen anbieten, liegt eine Änderungskündigung vor. Unternehmen, bei denen das Kündigungsschutzgesetz gilt (mehr als 10 Beschäftigte) benötigen hierfür die Zustimmung des Integrations-/Inklusionsamtes zur Änderungskündigung.
Werden die neuen Arbeitsbedingungen von der oder dem Beschäftigten nicht akzeptiert, kann eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden, die ebenfalls der Zustimmung des Integrations-/Inklusionsamtes bedarf.
Eine Änderungskündigung ist nicht erforderlich, wenn es sich um Änderungen einzelner Arbeitsbedingungen innerhalb des Direktionsrechts der Arbeitgeberin beziehungsweise des Arbeitgebers handelt. Wenn hierzu Unklarheit herrscht, empfiehlt es sich, im Vorfeld eine Beratung beim Integrations-/Inklusionsamt in Anspruch zu nehmen. Laut Gesetz soll das Integrations-/Inklusionsamt eine Zustimmung erteilen, wenn dem schwerbehinderten Menschen ein angemessener und zumutbarer Arbeitsplatz gesichert ist.
Ist eine krankheits- oder behinderungsbedingte Kündigung möglich?
Nach einer Zustimmung des Integrations-/Inklusionsamtes zur Kündigung können Unternehmen auch schwerbehinderten Menschen oder Gleichgestellten krankheitsbedingt kündigen. Allerdings ist stets zu prüfen, ob es ein „milderes Mittel“ zur Kündigung gibt. Dieses kann eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz sein wie auch Anspassungen des Arbeitsplatzes.
Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage kann gerichtlich die Rechtmäßigkeit einer Kündigung überprüft werden. Hierbei wird unter anderem geprüft, ob präventive Maßnahmen zur Erhaltung des Beschäftigungsverhältnisses unternommen wurden. Kann das Unternehmen nicht nachweisen, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement ordnungsgemäß durchgeführt wurde oder andere Maßnahmen ergriffen wurden, kann eine Kündigung unwirksam sein.
Präventive Maßnahmen
Gesundheitsbedingt nachlassende quantitative oder qualitative Arbeitsleistungen sind für die davon betroffenen Mitarbeitenden belastend und können auch zu Konflikten im Team oder mit Vorgesetzten führen. Bevor betriebliche Interessen gefährdet werden, der Arbeitsplatz in Gefahr gerät oder gar eine Kündigung im Raum steht, lässt sich an der Situation einiges verbessern.
Unternehmen haben gegenüber ihren Beschäftigten eine besondere Fürsorgepflicht. Treten im Beschäftigungsverhältnis Schwierigkeiten auf, die den Arbeitsplatz gefährden, sind Arbeitgeberinnen beziehungsweise Arbeitgeber dazu verpflichtet, Präventionsverfahren durchzuführen (§ 167 Absatz 1 SGB IX). Beim Präventionsverfahren sollen gemeinsam mit der betrieblichen Interessenvertretung (Betriebs- oder Personalrat, Schwerbehindertenvertretung, sofern vorhanden) und dem Integrations-/Inklusionsamt alle Möglichkeiten erörtert werden, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können. Ziel ist die möglichst dauerhafte Erhaltung des Arbeitsverhältnisses, zum Beispiel durch die Gewährung von Beratungs- oder Förderleistungen.
Unternehmen sind darüber hinaus verpflichtet, bei allen Beschäftigten, die länger als sechs Wochen innerhalb eines Jahres ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen.
Wird einem schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen bereits während der Probezeit gekündigt, sind Unternehmen nicht verpflichtet, ein Präventionsverfahren durchzuführen.