Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung ist gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig. Sie hat in der Sache auch ganz überwiegend Erfolg.
Der Kläger hat für jeden Kalendertag der Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten zur Teilhabe am Arbeitsleben Anspruch auf Gewährung von Übergangsgeld in Höhe von
EUR 55,21 (statt
EUR 51,81). Insoweit waren der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 17.11.2005 und der Bescheid der Beklagten vom 29.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2004 abzuändern. Soweit der Kläger die Anwendung eines anderen Berechnungsmodus für die Ermittlung des Regelentgelts, nämlich Teilung des ermittelten Regelentgelts durch 5 Arbeitstage statt durch 7 Kalendertage, begehrt, war seine Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
I. Der Kläger hat für jeden Tag der Inanspruchnahme von Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben, d.h. hier auch für die an Samstagen in Anspruch genommen Leistungen der Beklagten, dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Übergangsgeld. Eine Beschränkung auf vertraglich vereinbarte Arbeitstage ist unzulässig.
Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 20
Nr. 1
SGB VI. Danach haben Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten, Anspruch auf Übergangsgeld. Während der Erbringung solcher Leistungen steht dem Versicherten ein Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach zu. Diese Vorschrift unterscheidet nicht nach Teilzeit- oder Vollzeitrehabilitation und nach Kalender- oder Arbeitstagen, sondern knüpft ausschließlich an den "Erhalt" dieser Leistungen durch den Versicherten an.
Dies entspricht auch dem Rechtscharakter des Übergangsgeldes als akzessorische Leistung. Das Übergangsgeld wird in der Regel nur zusammen mit der eigentlichen Reha-Leistung (der "Hauptleistung") gewährt (
vgl. etwa zum RVO-Recht BSGE 53, 229, 232). Auf Grund dieser dienenden Funktion des Übergangsgeldes ist es als unselbstständige, sog. akzessorische Leistung zu qualifizieren, dessen Anspruchsdauer abhängig ist von der Dauer der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. In § 25
SGB VI, der durch
Art. 6
SGB IX vom 19.6.2001, BGBl. I
S. 1046 mit Wirkung vom 1.7.01 aufgehoben wurde, war in Absatz 1 noch ausdrücklich bestimmt, dass das Übergangsgeld für die Dauer der berufsfördernden Leistungen erbracht wird. Obwohl in der Nachfolgevorschrift des § 51
SGB IX nur noch die Weiterzahlung der Leistungen nach Abschluss der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben geregelt worden ist, ist insoweit nach dem Willen des Gesetzgebers keine Änderung der Rechtslage erfolgt (s. Gesetzentwurf BT-Drucks. 14/5074
S. 119). Denn im 6. Kapitel des
SGB IX wurden auf der Grundlage harmonisierter Rechtsvorschriften (Zusammenfassung und Weiterentwicklung des Rechts zur Eingliederung behinderter Menschen) die bereits geltenden Regelungen des Sechsten Sozialgesetzbuches weitgehend übernommen; es erfolgte lediglich in § 47
SGB IX eine Verdeutlichung hinsichtlich der Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (so BT-Drucks. a.a.O.
S. 93, 109).
Schließlich gebietet auch die bei der Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes zu berücksichtigende kalendertägliche Betrachtungsweise auf Grund der Einheit des Gesetzes eine kalendertägliche Zahlung des Übergangsgeldes für jeden Tag der Inanspruchnahme von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Bei der Beurteilung der Frage der Gewährung von Übergangsgeld dem Grunde nach und der Höhe nach ist nach dem Grundsatz der Einheit des
SGB IX der gleiche Maßstab
bzw. Anknüpfungspunkt, nämlich der Kalender- und nicht der Arbeitstag, anzuwenden. Nach § 45
Abs. 8, 1. Halbsatz
SGB IX wird das Übergangsgeld für Kalendertage gezahlt; § 47
Abs. 1 Satz 2
SGB IX teilt das ermittelte Regelentgelt durch 7 und legt so der Berechnung ein für jeden Kalendertag ermitteltes Regelentgelt zu Grunde. Wird daher die Höhe des Übergangsgeldes für jeden einzelnen Kalendertag errechnet (kalendertägliche Berechnung), so steht dem Versicherten ein Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach für jeden Kalendertag der Inanspruchnahme von Leistungen zu (kalendertäglicher Anspruch für jeden Tag der Inanspruchnahme der Teilzeitmaßnahme). Wird die Teilzeitmaßnahme auch an Samstagen durchgeführt, so steht dem Versicherten ebenfalls samstags Übergangsgeld zu, selbst wenn dieser Samstag kein vertraglich vereinbarter Arbeitstag ist.
II. Die Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes bestimmt sich nach § 21 des Sechsten Sozialgesetzbuches (
SGB VI) in Verbindung mit §§ 46, 47 des Neunten Sozialgesetzbuches (
SGB IX) vom 19.06.2001 in der ab 01.07.2001 geltenden Fassung (BGBl. I
S.1046), weil der Kläger den Antrag nach dem 30.06.2001 gestellt und die Weiterbildungsmaßnahme erst nach dem 30.06.2001 in Anspruch genommen hat (
Art. 67
SGB IX, § 301
Abs. 1
SGB VI).
Nach § 46
Abs. 1
SGB IX beträgt das Übergangsgeld für Leistungsempfänger mit einem steuerrechtlich zu berücksichtigenden Kind 75 v.H. des nach § 47
SGB IX berechneten Nettoarbeitsentgelts. Berechnungsgrundlage ist hier unstreitig das Nettoarbeitsentgelt und nicht das höhere 80-prozentige Bruttoarbeitsentgelt, weil nach § 46
Abs. 1 Satz 1
SGB IX maximal das im Bemessungszeitraum erzielte Nettoarbeitsentgelt zu Grunde zu legen ist. Wird das Arbeitsentgelt nach der Anzahl der Arbeitsstunden bemessen - wie hier arbeitsvertraglich vereinbart - (die monatliche Abrechnung schadet nicht), so bestimmt sich das Regelentgelt nach § 47
Abs. 1 Satz 1 und 2
SGB IX. Danach wird das von den Leistungsempfängern im letzten vor Beginn der Leistung abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden geteilt, für die es gezahlt wurde. Das Ergebnis wird mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden vervielfacht und durch 7 geteilt. Das kalendertägliche Regelentgelt wird also nach folgender Formel ermittelt: Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum: Zahl der Arbeitsstunden x regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit: 7 Tage.
Die Beklagte legte ihrer Berechnung zwar den zutreffenden Bemessungszeitraum Januar 2004 und den richtigen Hinzurechnungsbetrag für die Berücksichtigung von Einmalzahlungen zugrunde, sie stellte aber eine unzutreffende Höhe des Bemessungsentgelts in ihre Berechnung ein. Denn nach der Auskunft seines Arbeitgebers vom 17.07.2007, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war und gegen deren Inhalt von den Beteiligten keine Einwände erhoben wurden, erzielte der Kläger im Januar 2004 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von
EUR 2.849,87 - statt der berechneten
EUR 2538,44 - und ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 1.980,49 Euro - statt der berechneten
EUR 1.844,77 -. Unter Anwendung des o.g. Berechnungsmodus errechnet sich ein kalendertägliches Übergangsgeld in Höhe von
EUR 55,21.
Entgegen der Ansicht des Klägers erfolgt diese Berechnung auch für Teilzeitrehabilitanden nach Kalendertagen (7 Tage) und nicht nach Arbeitstagen (5 Tage).
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 47
Abs. 1 Satz 2
SGB IX gilt die Teilung des ermittelten Regelentgelts durch 7 Kalendertage uneingeschränkt für alle Leistungsempfänger.
Diese kalendertägliche Betrachtungsweise entspricht auch der Neuregelung in
§ 45 Abs. 8 SGB IX, wonach das Übergangsgeld für Kalendertage zu zahlen ist (s. hierzu bereits oben).
Das Fehlen einer Sonderregelung für Teilzeitrehabilitanden stellt keine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes dar. Denn nach der dem
SGB IX zugrunde liegenden Regelungsabsicht des Gesetzgebers sollte die Regelung in § 47
SGB IX auch für Teilzeitrehabilitanden gelten. Der Gesetzgeber wollte eine einheitliche Regelung für den Anspruch auf Übergangsgeld, und zwar unabhängig davon, ob die Leistung stationär, teilstationär oder ambulant erbracht wird oder der Betroffene wegen der Leistung zur Teilhabe an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit gehindert ist (s. BT-Drucks. a.a.O.
S. 109, 119).
Der o.g. Berechnungsmodus für Teilzeitrehabilitanden (7 Kalendertage) ist auch durch Sinn und Zweck des Übergangsgeldes geboten. Denn das Übergangsgeld ist nach
§ 44 Abs. 1 Nr. 1, § 45
Abs. 2
Nr. 2
SGB IX eine unterhaltssichernde und ergänzende Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Es soll bei Durchführung der erforderlichen Leistungen die wirtschaftliche Versorgung des Versicherten und seiner Familie gewährleisten; der vor Durchführung dieser Leistungen bestehende Lebensstandard soll gewahrt werden. Die Regelungen der §§ 46, 47
SGB IX berücksichtigen daher die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten vor Antritt der Maßnahme.
Für den Kläger errechnet sich zwar in dem Zeitraum von Februar 2004 bis Oktober 2005 unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen monatlichen Nettoentgelts in Höhe von
EUR 1.868,20 und eines gewährten monatlichen Übergangsgeldes in Höhe von
ca. EUR 440,- ein monatliches Gesamteinkommen in Höhe von
ca. EUR 2.308,-, das sein aus der vor Antritt der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Januar 2004 bestehenden Vollbeschäftigung mit 154 Arbeitsstunden erzieltes Arbeitsentgelt in Höhe von
EUR 1.980,49 erheblich überschreitet (um
ca. EUR 300,-). Diese wirtschaftliche Besserstellung des Klägers beruht aber auf seinem intensiven Arbeitseinsatz von Montag bis Mittwoch bei seinem Arbeitgeber (täglich
ca. 10 h Arbeitszeit). Da durch die Berechnung der laufenden Lohnersatzleistungen die wirtschaftliche Situation des Versicherten nicht verzerrt oder der Versicherte gar besser gestellt werden darf, als er ohne Eintritt dieser Maßnahme stünde (
vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. 01.1995, Az. 1 BvR 892/88), ist eine weitergehende Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Klägers durch Teilung des Regelentgelts durch nur fünf statt sieben Tage nicht vereinbar mit der vom Gesetz bezweckten Sicherstellung des Lebensunterhalts.
Dieses Ergebnis wird auch bestätigt durch eine vergleichende Betrachtungsweise mit
§ 52 SGB IX bzw. § 27 Absatz 1 Zi. 1
SGB VI a.F., wonach bei einem zeitgleichen Bezug von Erwerbseinkommen aus einer Beschäftigung und von Übergangsgeld das Erwerbseinkommen in Höhe des Nettobetrages auf das Übergangsgeld angerechnet wird. Grundgedanke dieser Vorschrift ist ebenfalls, dass der Leistungsempfänger während einer Teilhabeleistung den Lebensstandard, den er zuvor erreicht hatte, weitgehend ungeschmälert beibehalten, aber keinen darüber hinausgehenden Gewinn erzielen können soll.
III. Die gesetzliche Regelung über die Gewährung von Übergangsgeld ist dem Grunde und der Höhe nach für Teilzeitrehabilitanden verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch wenn der Vollzeitrehabilitand an allen Kalendertagen und der Teilzeitrehabilitand nur an den Tagen der Inanspruchnahme von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Anspruch auf Übergangsgeld, berechnet nach 7 Kalendertagen, hat, so kann diese Ungleichbehandlung noch nicht als willkürlich bezeichnet werden und stellt keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des
Art. 3
Abs. 1 Grundgesetz (
GG) dar. Denn diese Ungleichbehandlung ist infolge der unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Vollzeit- und Teilzeitrehabilitanden sachlich gerechtfertigt.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (so etwa BVerfGE 55, 72,88). Es muss ein sachlicher Differenzsicherungsgrund vorliegen, der sich nach Natur und Eigenart des in Frage stehenden Sachverhalts und unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der betreffenden Regelung beurteilt (
vgl. BVerfGE 71, 39,58). Nach der ständigen Rechtsprechung des
BVerfG verstoßen typisierende Regelungen im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich nicht gegen
Art. 3
GG; unvermeidliche Härten in Randbereichen müssen hingenommen werden (
vgl. etwa SozR 2200 § 1227
Nr. 18
m.w.N.).
Die Regelung des Übergangsgeldes ist objektiv nicht eindeutig unangemessen. Es gibt für einen verschiedenen Anspruch auf Übergangsgeld dem Grunde nach für Teilzeit- und Vollzeitrehabilitanten und den gleichen Anspruch auf Übergangsgeld der Höhe nach einleuchtende Gründe. Die gesetzliche Regelung berücksichtigt die besondere Lage der verdienenden Teilzeitrehabilitanden hinreichend dadurch, dass es Übergangsgeld nur für die Tage der Inanspruchnahme von Maßnahmen gewährt. Soweit den Teilzeitrehabilitanden für maßnahmefreie (schulungsfreie) Tage kein Übergangsgeld gezahlt wird, ist dies im Hinblick auf die unterhaltssichernde Funktion des Übergangsgeldes auf Grund des Eigenverdienstes des Versicherten durch seine Erwerbstätigkeit an den maßnahmefreien Tagen nicht objektiv eindeutig unangemessen. Während der Vollzeitrehabilitand wöchentlich Übergangsgeld in Höhe von 75 % aus 7/7 (an 7 Kalendertagen) erhält, erzielt hier der Kläger als Teilzeitrehabilitand bei 3 Arbeitstagen und 3 Schulungstagen wöchentlich 3/5 Arbeitsentgelt (Arbeitsentgelt von 3 bei vertraglich vereinbarten 5 Arbeitstagen) und Übergangsgeld 3/7 in Höhe von 75 Prozent des Nettoarbeitsentgelts (Übergangsgeld an 3 von 7 Kalendertagen), d.h. insgesamt 92 % des vor Beginn der Maßnahme erzielten Nettoentgelts, falls die Entgelthöhe und die Anzahl der täglichen Arbeitsstunden vor und nach Beginn der Maßnahme unverändert bleiben. Eine eindeutige unangemessene Benachteiligung des Klägers gegenüber dem Vollzeitrehabilitanten ist daher keinesfalls gegeben. Der Kläger ist durch die getroffene Regelung nach den obigen Ausführungen auch nicht im Übermaß betroffen.
Die Kostenentscheidung
gem. §§ 183, 193
SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung hinsichtlich des Ziels der Gewährung eines höheren Übergangsgeldes im Ergebnis Erfolg hatte.
Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG hat. Denn es liegt keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der hier streitigen klärungsbedürftigen Frage des kalendertäglichen oder nur arbeitstäglichen Anspruchs des Teilzeitrehabilitanden auf Gewährung von Übergangsgeld vor. Die Beurteilung dieser Rechtsfrage hat Bedeutung für alle Teilzeitrehabilitanden und ist daher von grundsätzlicher Bedeutung.